Schimmel an den Wänden, muffige Luft und feuchte Räume – ein Problem, das wir heute mit Luftentfeuchtern, Lüftungssystemen oder chemischen Mitteln angehen. Doch wie wurde dieses Problem eigentlich vor 2 000 oder 3 000 Jahren gelöst?
Die Antwort wird Sie überraschen: erstaunlich professionell.

Feuchtigkeit als unsichtbarer Feind: Die Antike wusste mehr, als wir denken
Stellen Sie sich vor, Sie betreten ein römisches Wohnhaus. Ein dumpfer Geruch liegt in der Luft, der Putz zeigt dunkle Spuren. Schon der berühmte römische Architekt Vitruv hätte sofort Alarm geschlagen. In seinem Werk De architectura warnt er eindringlich vor feuchten Bauplätzen und beschreibt, wie «schwere, feuchte Luft» Krankheiten fördert.
Diese Beobachtung klingt erstaunlich modern und zeigt: Die Menschen der Antike verfügten über ein ausgeprägtes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Raumklima und Gesundheit.
Antike Prävention: Geniale Bautechnik statt spätere Reparatur
Bevor Schimmel überhaupt entstehen konnte, setzten antike Baumeister auf ausgefeilte Präventionsstrategien. Sie hatten zwar keinen elektrischen Bautrockner, aber sie hatten jahrhundertelang erprobtes Wissen.
Erhöhte Fundamente – der natürliche Feuchtigkeitsschutz
Viele Häuser wurden nicht direkt auf den Boden gesetzt, sondern auf Steinsockel oder Holzpfosten. Dadurch konnte Luft unter dem Gebäude zirkulieren und aufsteigende Feuchtigkeit wurde reduziert. Ein Prinzip, das modernen Hinterlüftungsböden erstaunlich ähnelt.
Belüftete Innenhöfe – der «Ventilator» der Antike
Römische und griechische Häuser verfügten nahezu standardmässig über grosse Innenhöfe, sogenannte Atrien. Diese erzeugten eine Art natürliche Querlüftung, die feuchte Luft abtransportierte. Feuchtigkeit hatte dadurch weniger Chancen, sich im Mauerwerk festzusetzen.
Kalkputz – die unsichtbare Schutzschicht
Kalk war eines der wichtigsten Baumaterialien der Zeit. Heute wissen wir, dass Kalk durch sein alkalisches Milieuschimmel hemmend wirkt. Schon damals beobachtete man jedoch intuitiv, dass kalt verputzte Wände länger trocken und sauber blieben.
Wenn Schimmel auftrat: Die antiken Haushaltsmethoden
Doch was taten die Menschen, wenn Schimmel bereits sichtbar war? Auch hier zeigen sich erstaunlich effektive Techniken.
Abschaben, Trocknen, Kalken
Die gängigste Methode bestand darin:
- Den Schimmel abzukratzen,
- die betroffene Stelle – oder sogar Möbel – in die Sonne zu stellen,
- die Wand anschliessend mit Kalkmilch neu zu bestreichen.
Die Sonne war damals die wirkungsvollste natürliche Trockenquelle, und Kalk sorgte dafür, dass sich neue Sporen nicht so schnell festsetzen konnten.
Rauch, Harze und Schwefel: Die «Chemielabore» der Antike
Besonders spannend – und geradezu Galileo-würdig – sind die antiken Räuchermethoden. Schon Plinius und Dioskurides erwähnen sie in ihren naturkundlichen Werken.
Kräuter und Harze mit verborgener Wirkung
Weihrauch, Myrrhe, Wacholderbeeren oder Lorbeer wurden verbrannt, um Räume «zu reinigen». Moderne Analysen bestätigen heute, dass viele dieser Stoffe eine antibakterielle und fungizide Wirkung haben. Die Menschen der Antike wussten das nicht wissenschaftlich – aber sie erkannten es durch Erfahrung.
Schwefel – die frühe chemische Desinfektion
Besonders beeindruckend ist die Anwendung von Schwefel. Durch das Verbrennen entstand Schwefeldioxid, ein Gas, das wir heute als stark fungizid kennen.
Ein Beitrag im Wissenschaftsmagazin Scientific American, der sich mit historischen Hygienetechniken beschäftigt, beschreibt diese Schwefelbehandlung treffend als «eine der ältesten bekannten Methoden zur chemischen Desinfektion».
Essig, Asche und Holzkohle: Die frühen Allzweckreiniger
Auch alltägliche Haushaltsmittel fanden Verwendung:
- Essig zur Reinigung von Holz und Keramik
- Holzasche oder Holzkohle als natürliche Trockenmittel
- Harzöle als Schutzschicht gegen erneute Feuchtigkeit
Viele dieser Methoden entsprechen Prinzipien, die auch heute noch im traditionellen Handwerk genutzt werden.
Vorratsschutz: Wo Schimmel besonders gefährlich war
Lebensmittel waren wertvoll – und Schimmel in Lagerräumen konnte existenzbedrohend sein. Deshalb legte man besonderen Wert auf trockene Vorratsspeicher.
Die verwendeten Techniken waren erstaunlich modern:
- perforierte Böden für Luftzirkulation
- Tongefässe mit kleinen Luftkanälen
- regelmässiges Trockenlüften bei Sonnenschein
So blieb Getreide trocken, Wein stabil und Öl länger haltbar.
Fazit: Antike Schimmelbekämpfung war ihrer Zeit voraus
Je genauer man antike Quellen betrachtet, desto klarer wird:
Die Menschen der Antike hatten ein tiefes Gespür für Raumklima, Materialien und hygienische Risiken.
Viele ihrer Methoden – Kalk, Belüftung, Sonnentrocknung, Schwefel – sind auch heute noch relevant oder wissenschaftlich bestätigt. Ohne moderne Technik entwickelten sie erstaunlich wirksame Strategien, die bis in unsere Gegenwart hineinreichen.
