Luftreiniger filtern erwiesenermassen Viren aus der Luft – auch Corona?
Luftreiniger versprechen die Vernichtung oder Filterung von Viren & Bakterien in ihren Produktbeschrieben. Aber stimmt das auch? Bzw. filtern oder eliminieren sie sämtliche und alle Arten von Viren aus der Luft, auch den Corona-Virus? Die Frage kann mit ja beantwortet werden, jedoch mit nicht zu vernachlässigbaren Abstrichen.
Erst müssen kurz die diversen Systeme der Luftreinigung erklärt werden, es gibt deren drei – Reinigung durch Filterung, thermische Luftreinigung, Ionisierung der Luft, oder eine Kombination davon. Das Verständnis der Funktionsweise der Geräte ist Voraussetzung für die Beurteilung ihrer Fähigkeit Corona-Viren in der Luft zu reduzieren und uns somit vor Ansteckung von Covid-19 zu schützen.
Reinigung durch Filterung
Beim Filtern der Luft wird bei seriösen Geräten ein HEPA-Filter verwendet. HEPA-Filter (HEPA = High Efficiency Particulate Air Filter) bestehen aus einem Wirrwarr an Filterfasern, die unterschiedlich stark sind und chaotisch miteinander verwoben sind. Dieses System erlaubt es, selbst kleinste Partikel, Bakterien, Feinstaub, Schimmelsporen und Pollen aus der Luft zu filtern. Der genaue Abscheidegrad unterscheidet sich bei den verschiedenen Filterklassen. Die meisten Luftreiniger sind mit HEPA H13 ausgestattet, diese können Partikel bis zu einer Grösse von 0.3 μm (Mikrometer) zu 99.95% aus der Luft filtern. In der EU werden diese Filter nach dem «European Standard EN 1822-1:2009» klassifiziert. Viele Firmen bezeichnen ihre Filter deswegen als «True HEPA-Filter» und hängen noch den Abscheidegrad in Prozent an.
Vorsicht vor zweifelhaften Filterbezeichnungen von besonders schlauen Marketingstrategen! Diese bezeichnen ihre Filter, die nicht in die geprüfte HEPA-Kategorie gehören, als «HEPA-style», «HEPA-type», «HEPA-like» oder – besonders gewieft – «99% HEPA», um dem potentiellen Kunden weiszumachen, es handle sich um einen echten, zertifizierten HEPA-Filter.
Der Vorgang der Partikelabscheidung im Filter erfolgt generell auf vier verschiedene Arten:
- Sperreffekt: Kleinere Partikel, welche dem Luftstrom um die Faser folgen, bleiben haften, wenn sie der Filterfaser zu nahe kommen.
- Trägheitseffekt: Grössere Partikel folgen nicht dem Luftstrom (um die Filterfaser herum), sondern prallen aufgrund ihrer Trägheit dagegen und bleiben haften.
- Diffusionseffekt: Sehr kleine Partikel (< 1 μm) folgen nicht dem Luftstrom, sondern haben durch ihre Zusammenstösse mit Luftmolekülen eine der Brownschen Bewegung ähnliche Flugbahn und stossen dadurch mit den Filterfasern zusammen, woran sie haften bleiben.
- Siebeffekt: Filterung wie bei einem Sieb, zu grosse Partikel finden keinen Weg durch die Öffnungen im Filter.*
* Dies verringert nach gewisser Zeit die Effektivität des Filters, da so dessen Poren verstopft werden. Deswegen sollte darauf geachtet werden, dass der Luftreiniger über einen Vorfilter verfügt, womit die Langlebigkeit des HEPA-Filters verbessert wird.
Was bedeutet das bei Viren & Bakterien genau?
Die meisten bekannten Arten Bakterien haben eine Grösse von 0.5 – 10 μm. Diese werden also prinzipiell vollständig aus der Luft gefiltert. Im Filter gefangen können sie nicht lange überleben.
Bei Viren ist es etwas schwieriger zu sagen, denn sie sind deutlich kleiner (0.015 – 0.44 μm). Diese Partikel können eigentlich durch den Filter (zur Erinnerung: 99.95% der Partikel bis 0.3 μm werden aufgefangen) hindurchschlüpfen, da sie klein genug sind. Vergessen Sie jedoch nicht den oben beschriebenen Diffusionseffekt. Denn Teile kleiner als 1 μm (deutlich grösser als Viren) folgen nicht mehr strikte dem Luftstrom und bleiben dadurch oft an Filterfasern hängen. Das heisst HEPA-Filter reduzieren definitiv Viren in der Luft, auch Corona-Viren! Der Corona-Virus hat eine Grösse von 0.12 – 0.16 μm und hat deswegen auch eine Flugbahn, die der Brownschen Bewegung ähnelt.
Doch Vorsicht, das klingt zu gut, um wahr zu sein, oder? Schon ein wenig, denn das heisst auch, dass einige davon ungehindert durch den Filter fliegen können, ohne aufgefangen zu werden. Der Corona-Virus hat leider genau die Grösse, wo der HEPA-Filter am wenigsten effektiv ist. Wie der Grafik unten zu entnehmen ist, fängt der Filter Partikel mit Grössen um die 0.1 μm «nur» noch zu 90% auf. Hier liegt aber der springende Punkt: Immerhin fast 90% der Corona-Viren werden aufgefangen!
Interception = Sperreffekt
Inertial (Impact) = Trägheitseffekt
Diffusion = Diffusionseffekt
Sieving = Siebeffekt
Particle size, microns = Partikelgrösse in Mikrometer (μm)
Efficiency, % = Effektivität der Filterung in Prozent
Thermische Luftreinigung
Die exklusive Technologie der Airfree® Luftreiniger sterilisiert die Raumluft durch Erhitzung. Je nach Modell werden pro Stunde zwischen 14’000 und 20’000 Liter Luft durch die Airfree®-Geräte gesogen. Somit wird die gesamte Raumluft gereinigt.
Die verschmutzte Luft wird durch Konvektion in das Airfree®-Gerät gesogen, wo die Mikroorganismen bei 200 °C vernichtet werden. Anschliessend wird die gereinigte Luft abgekühlt und wieder in den Raum abgegeben.
Es ist bekannt und wissenschaftlich erwiesen (siehe unten), dass alle Mikroorganismen, insbesondere Viren, hitzeempfindlich sind. Beispielsweise werden beim Kochen von Wasser Viren und Bakterien zerstört.
Beispiele für die Inaktivierung von Viren durch Hitze
Zahlreiche Studien bestätigen die Inaktivierung von Viren durch die Anwendung von Hitze. Zum Beispiel stirbt das HIV-Virus im Blut, wenn es nur 0,006 Sekunden lang 77 °C ausgesetzt wird1. In einer anderen Studie2 wurden die Viren „Parvovirus“ und „Phage phiX174“ vollständig inaktiviert, wenn sie 103 °C ausgesetzt wurden. Die SARS- und MERS-Viren (Corona-Viren, die das schwere akute Atemwegssyndrom oder das Nahost- Atemwegssyndrom verursachen) haben temperaturempfindliche Proteine in ihren Hüllen, die bei Temperaturen über 65 °C vollständig denaturiert und dadurch inaktiv werden3. Ebenso sind Proteine, die für die Übertragung des Influenzavirus wesentlich sind, empfindlich gegenüber Temperaturen zwischen 55 °C und 70 °C4.
Die Studien zur Inaktivierung von Viren durch Hitze deuten alle auf Temperaturen weit unter der Innentemperatur von 180 – 200 °C der Airfree-Minikanäle im Keramikkern hin. Seit 1977 zeigen Studien, dass die Proteine umso schneller denaturieren, je höher die Temperatur ist.
Laden Sie hier das gesamte Statement von Airfree® zum Corona-Virus herunter: [PDF]
Ionisatoren
Die Wirkung des Ionisators als Luftreiniger ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die von ihm ausgestossenen negativ geladenen Ionen sich an Staubpartikel in der Luft heften. Die dann entstehende elektrostatische Wechselwirkung fördert Verbindungen mit weiteren Partikeln in der Luft, wodurch sich sogenannte Cluster bilden. Diese werden schwer und fallen deswegen zu Boden und sind somit aus der für uns Menschen heiklen Kopfhöhe entfernt (Bakterien und Viren dringen vor allem über die Schleimhäute – Mund, Nase und Augen – in unseren Körper ein).
Gemäss einem Bericht** vom 3. März 2020 von Lennart Svensson, Professor für Molekular-Virologie an der Universität Linköping in Schweden, ist es möglich Corona-Erreger in der Luft durch den Einsatz von Ionisatoren zu reduzieren. Studien, Versuche und Entwicklung von Geräten sind im Gange, es kann jedoch zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels (April 2020) noch nichts mit Sicherheit dazu gesagt werden. Hinzu kommt, dass Ionisatoren nicht nur Schadstoffe in der Luft abbauen, sondern gleichzeitig den Ozon-Gehalt in der Luft erhöhen. Zuviel Ozon in der Luft ist bekanntermassen schädlich für Mensch und Tier und kann unter Anderem zu Atembeschwerden und Reizhusten führen. Aus diesen Gründen scheint im Moment ein reines Ionisationsgerät keine geeignete Methode, um Viren und Bakterien in den eigenen vier Wänden zu eliminieren.
Fazit
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass alle drei Systeme ihre Vor- und Nachteile in Bezug auf die Reduzierung von Viren in der Luft haben. Geeignet sind Geräte mit HEPA-Filter sowie die thermischen Luftreiniger von Airfree. Im direkten Vergleich scheinen die Airfree’s zu gewinnen, weil sie mehr Viren unschädlich machen können (ca. 10% mehr), doch sind sie um einiges langsamer in der Luftumwälzung als ihre mit Ventilator ausgestatteten Kollegen mit Filter. Ionisatoren sind -zumindest momentan – nicht geeignet, weil man einfach noch zu wenig über ihre Wirkung bezüglich Viren weiss. Zudem ist nicht gewiss, wie hoch der Ozonausstoss der diversen Geräte ist. Dieses Thema wird in näherer Zukunft in einem Blog von ecofort angegangen.
Eins ist sicher: Jetzt wo wir alle zuhause aufeinander sind, ist ein Luftreiniger auf jeden Fall eine gute Sache. Denn es gibt nicht nur Corona. Mit mehr Menschen im Raum bzw. in der Wohnung entsteht auch mehr Staub, mehr Gerüche und mehr Bakterien und Viren werden ausgeatmet. Also auch in diesem Punkt, ein Luftreiniger ist sicher „VERY good to have“ und um in Zukunft von Familienmitgliedern oder Mitbewohnern nicht angesteckt zu werden, hilft ein Luftreiniger auf jeden Fall. Das Risiko ist jedoch nie nahe dem Nullpunkt, denn jeder Luftreiniger benötigt etwas Zeit, um kontaminierte Luft zu filtern oder sterilisieren. Also wenn zum Beispiel Ihr Sofanachbar niest und dabei Krankheitserreger in der Luft verteilt und Sie diese direkt einatmen, müssen Sie trotzdem noch auf Ihr hoffentlich gut bereites Immunsystem hoffen, die eingedrungenen Viren erfolgreich zu bekämpfen.
* Hersteller-Informationen, die aus zeitlichen Gründen von ecofort nicht im Detail geprüft werden konnten. ecofort vertraut dem Hersteller Airfree und seinen Angaben, ist jedoch dankbar für allfällige Anmerkungen, Korrekturen oder neuen und ergänzenden Information, sofern diese fundiert sind und Quellenangaben enthalten.
** Quelle: https://liu.se/en/news-item/har-gillras-en-falla-for-virus
1- Charm SE, Landau S, Williams B, Horowitz B, Prince AM, Pascual D. High-temperature short-time heat inactivation of HIV and other víruses in human blood plasma. Vox Sang. 1992;62(1):12-20.
2- Lelie PN, Reesink HW, Lucas CJ. Inactivation of 12 víruses by heating steps applied during manufacture of a hepatitis B vaccine. J Med Virol. 1987 Nov;23(3):297-301.
3 -Wang Y, Wu X, Wang Y, Li B, Zhou H, Yuan G, Fu Y, Luo Y. Low stability of nucleocapsid protein in SARS vírus. Biochemistry. 2004 Aug 31;43(34):11103-8.
4- Epand RM, Epand RF. The Thermal Denaturation of Influenza Vírus and its Relationship to Membrane Fusion. Biochemical Journal Immediate Publication. Published on 7 May 2002 as manuscript BJ20020290.
2 Antworten
Als Umluftfilter mit HEPA genügt ein Abscheidegrad von 90% für Coronaviren. Nach 5 mal den Raum unter Idealbedingungen durch den Filter geleitet sind es dann 0.1^5=10×10⁻⁶ = 99,999% Reduktion des Virus. Da aber keine Idealbedingungen herrschen sind auch bei einem Abscheidegrad von 100% bei einem Filtergerät im Raum noch eine Weile Viren vorhanden, nachdem sie freigesetzt wurden. Es ist die Konzentration und Immisionsdauer, welche die Infektionsgefahr ausmacht. Der Verlauf der Krankheit hängt von anderen Umständen ab. Im Sommer können offene Fenster (ev. Ventilator aufstellen, wenn es windstill ist und Innen- und Aussentemperatur etwa gleich sind) helfen, wenn mehre Personen im Raum verweilen. Muss der Raum wegen Temperatur/Luftfeuchte geschlossen sein so hilft nur eine starke Aktivlüftung (am besten von oben nach unten) mit Wärmetauscher/Trocknung. Somit können die hier verkauften Produkte nur die Luftqualität mehr oder weniger in nicht gelüfteten Räumen lediglich verbessern, wenn die Emissionsquelle nicht beseitigt oder abgeschwächt/saniert werden kann. Von ionisierenden oder mit UV-C arbeitenden Geräten in besetzten Räumen ist abzuraten, da diese Ozon, Stickoxide und freie Radikale bilden, letztendlich auch Spaltprodukte von Chemikalien. Nur zur Desinfektion und Geruchsneutralisation von menschenleeren Räumen sind sie zugelassen, danach muss gelüftet werden. Fazit: Gut und oft lüften oder Minergie/Passiv-Haus oder nebst lüften für fast jeden Raum Hochleistungs-Geräte kaufen. Mindestens in Wohnungen sind auch krankmachende und sanierungsbedürftige Quellen zu beheben, das gilt auch für Radon. Alles andere ist Placebo!
Herzlichen Dank für Ihre Ergänzungen bezüglich der Effektivität von HEPA-Filtern und der Lüftung im Sommer.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen handelsüblichen Luftreinigern für den Haushalt und professionellen Ozon-Generatoren. ecofort verkauft erstere, wovon nur das Modell Boneco P340 einen Ionisator besitzt, welcher wahlweise auch deaktiviert werden kann.
Ozon-Generatoren werden zur Geruchsneutralisation bei starker Kontaminierung (Verwesung, nach Bränden usw.) in evakuierten Räumen eingesetzt, wobei nach der Anwendung eine gute und genügend lange Durchlüftung unabdingbar ist.
Die Marke WINIX hat mit dem PlasmaWave® ihr eigenes System entwickelt; bessere Wirkung als ein klassischer Ionisator ohne Ausstoss von Ozon.